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Neue Bücher 2022: Dice spannendsten Neuerscheinungen

Stand up: 30.11.2022 xiv:22 Uhr

Spannende Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt: Viele interessante Romane sind in deutscher Sprache erschienen. Ein Blick auf das Literaturjahr 2022.

2022 gibt es Neues von Theresia Enzensberger, Dörte Hansen und Ferdinand von Schirach. Uwe Tellkamp hat mit "Der Schlaf in den Uhren" seine lange angekündigte Fortsetzung von "Der Turm" vorgelegt. Kim de l'Horizon gewann mit seinem Roman "Blutbuch" den Deutschen Buchpreis 2022. Zudem gibt es spannende Romane internationaler Autorinnen und Autoren, dice auf Deutsch übersetzt worden sind. Unter anderem erschienen "Lektionen" von Ian McEwan, "Zum Paradies" von Hanya Yanagihara und "Violeta" von Isabel Allende.

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Geschenke auf einem Buch. © picture alliance / Zoonar | Oleksandr Latkun

"Nicht aus der Welt": Anne Köhlers Roman mit packender Grundidee

Wer kennt das nicht: Der Alltag ist oft stressig und fordernd. Die Flucht daraus eine verlockende Idee. Aber was, wenn dice Flucht nicht die ersehnte Erleichterung bringt? Anne Köhler spielt in ihrem Buch diese Idee durch. Ihre Hauptfigur Hempel ist ein phlegmatischer Langzeitstudent. Doch plötzlich sieht er sich gezwungen, am New York Marathon teilzunehmen. Wie kommt er da nur wieder raus? Für ihn und andere gescheiterte Großstadtexistenzen erfindet Anne Köhler ein geheimes Hotel, in dem sie sich verstecken können. Ein labyrinthisches Gebäude, in dem sich nur das Personal zurechtfindet. Dice Gäste sollen sich eigentlich nicht begegnen - das kommt manchen komisch vor. Das Ende gerät der Autorin etwas zu klamaukig - die packende Grundidee macht kleine Schwächen aber wieder wett.

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Cover des Buches "Nicht aus der Welt" © DuMont Verlag

"Der Passagier" und "Stella Maris": Romandoppelpack von Cormac McCarthy

Cormac McCarthy hat aus einem Stoff gleich zwei Romane gemacht. "Der Passagier" um den Bergungstaucher Bobby birgt viele Geheimnisse, Unheimliches und ein Leben voller Trauer um die tote Schwester. "Stella Maris" spielt acht Jahre früher und handelt von eben jener Schwester, die sich in die psychiatrische Nervenheilanstalt Stella Maris eingewiesen lid. Der Roman ist ein Gespräch der genialen Mathematikerin und Violinistin mit ihrem Psychiater - über das Unbewusste Das Wesentliche in beiden Romanen ist das genial geschriebene Ungesagte zwischen den Zeilen. Ein endzeitlicher Wortwechsel am Rande des Verstands, am Rande der Welt.

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Collage der Buchcover: Cormac McCarthy - Der Passagier / Stella Maris © Rowohlt Verlag

"Unterwegs nach Chevreuse": Modiano über die Bedeutung der Erinnerung

In "Unterwegs nach Chevreuse" des französischen Literaturnobelpreisträgers Patrick Modiano geht es um die Frage: Wie zuverlässig ist das, woran ich mich erinnere? Jean Bosmans lernt bei einem seiner Streifzüge durch Paris die undurchsichtige Camille kennen. Erst als sie ihn zu einem Ausflug ins Haus seiner Kindheit in Chevreuse bei Paris mitnimmt, dämmert ihm, dass diese Begegnung nicht zufällig ist. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass es die Erinnerung ist, dice unser Leben in einen Zusammenhang mit der Welt bringt.

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Cover des Buches "Unterwegs nach Chevreuse" von Patrick Modiano © Hanser

"Blutbuch": Ein Buch der Angst

Kim de l'Horizons Roman "Blutbuch" beeindruckt mit sprachlicher Extravaganz und dramaturgischer Souveränität. Mit einer enormen Energie sucht in dem Roman eine non-binäre Person nach einer eigenen Sprache. Der Roman ist eine von Märchen inspirierte, in Nahaufnahmen realisierte Befragung der Kindheit, die die Erzählfigur Kim, mittlerweile erwachsen geworden und offen queer lebend, vornimmt. Schreibanlass ist dice einsetzende Demenz der "Grossmeer" (Großmutter). Für sein Buch wurde Kim de l'Horizon mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.

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Cover des Buches von Kim de l'Horizon: "Blutbuch" © DuMont

"Angabe der Person": Elfriede Jelineks neuer Wasserfall der Worte

Die österreichische Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek galt lange Zeit als unnahbar und verschlossen. Doch in ihrem neuen Buch gibt sie geradezu intime Einblicke in ihr Leben. Denn in "Angabe der Person" verarbeitet Jelinek ein für sie traumatisches Erlebnis: eine Steuerfahndung. Alles wird auf den Prüfstand gestellt, selbst der Wasserverbrauch der Klospülung wird gemessen. Die Erzählerin, die hier "Elfie" heißt, monologisiert - und arbeitet sich an ihrer eigenen Geschichte ab, spannt aber den Bogen noch viel weiter, bis zum CumEx- und Wirecard-Skandal. Ein typisches Elfriede-Jelinek-Buch as well - erzählt in einem Wasserfall von Worten. Für Fans ein Muss, für alle anderen könnte es schwierig werden, das Wesentliche aus dem Text herauszulesen.

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Buchcover: Elfriede Jelinek - Angabe der Person © Rowohlt Verlag

"Transatlantik": Der neunte Roman der Gereon-Rath-Reihe von Volker Kutscher

Volker Kutscher, auf dessen Romanen die TV-Serie "Babylon Berlin" beruht, legt Band neun seiner Reihe um den Kommissar Gereon Rath vor. Inzwischen befinden sich die Leser im Jahr 1937. Ob Gereon Rath bei seiner Flucht aus Federal republic of germany den Absturz des Luftschiffs "Hindenburg" überlebt hat, ist zu Beginn des Buchs unklar. Seine Frau Charly lebt unterdessen weiter in Berlin und hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Vor allem weil ihre Freundin Greta unter Mordverdacht steht. Die Geschichte von "Transatlantik" ist komplex und opulent, der Kriminalfall gerät allerdings fast zur Nebensache. Trotzdem gelingt Volker Kutscher wieder einmal ein lebendiges Sittengemälde der 1930er-Jahre.

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Buchcover: Volker Kutscher - Transatlantik © Piper Verlag

"Die Tochter des Kommunisten": Aroa Moreno Duráns berührender Debütroman

Spanien steht in diesem Jahr als Gastland im Fokus der Frankfurter Buchmesse. Eine echte Entdeckung ist dabei die 1981 geborenen Autorin Aroa Moreno Durán. Ihr Erstling "Die Tochter des Kommunisten" gewann in Spanien schon einen Preis und beginnt in den 1950er-Jahren in Ostberlin. Dorthin ist dice spanische Familie von Katia vor dem Franco-Authorities geflohen. Ein wenig bekanntes Kapitel der Geschichte der deutsch-spanischen Beziehungen wird hier beleuchtet.

Katia wächst mit ihrer Schwester Martina in der DDR auf und begeht einige Jahre später Republikflucht. Zu ihrer Familie hat sie dadurch keinen Kontakt mehr, trotzdem erfährt sie auch im Westen vom Tod ihres Vaters. Ein tief berührendes Buch, dass von der Einsamkeit und Isolation von Emigrantinnen und Emigranten erzählt.

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Buchcover: Aroa Moreno Durán - Die Tochter des Kommunisten © btb Verlag

"Nachleben": Bemerkenswertes Buch von Abdulrazak Gurnah

Warum zieht ein junger Schwarzer Anfang des 20. Jahrhunderts für den deutschen Kolonialherren in den Krieg? Eine einfache Antwort gibt Abdulrazak Gurnah in seinem neuen Roman "Nachleben" nicht. Er erzählt Geschichten, blickt aus verschiedenen Perspektiven vor allem auf die deutsche, nach 1918 britische Kolonialherrschaft in Ostafrika. Dabei beschönigt er weder, noch prangert er an. Er beschreibt. "Nachleben" ist ein Roman, der lange nachhallt, der den Bogen zeitlich und thematisch weit spannt und direkt aus dem Alltag seiner Figuren erzählt. Auf diese Weise wird auch die Ambivalenz der Kolonialherrschaft deutlich.

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Buchcover: Abdulrazak Gurnah - Nachleben © Penguin Verlag

"Lektionen": Ian McEwan geht vielen Lebensfragen nach

Oberflächlich betrachtet erzählt Ian McEwan in "Lektionen" eine fast unspektakuläre Lebensgeschichte: Roland Baines ist ein alleinerziehender Vater, der sich als Barpianist, Tennisspieler und Gelegenheitsautor durchschlägt. Doch am seltsamen Leben des Roland Baines wirft Ian McEwan die kleinen und großen Fragen des Lebens auf. Nach und nach erfährt human being, was Roland in seinem Leben geprägt hat. Sowohl im ganz intimen Sinne - Scheidung, Kindheitserlebnisse, Missbrauch - als auch im Hinblick darauf wie sich globale, historische Ereignisse in die Biografie des Einzelnen einschreiben.

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Buchcover: Ian McEwan - Lektionen © Diogenes Verlag

NDR Buch des Monats Oktober: "Zur Meet" von Dörte Hansen

In ihrem dritten Buch erzählt Dörte Hansen die Geschichte der alteingesessenen Insel-Familie Sander. Vater Jens lebt seit 20 Jahren zurückgezogen und einsam auf einer Vogelwarte. Seine Frau Hanne dagegen scheint ruhelos zu sein, wie getrieben, bloß nicht stehenbleiben. Alle Familienmitglieder sind eng mit der Insel verbunden, leben aber komplett nebeneinander her. Als ein Wal auf der Insel strandet, ist das der Wendepunkt der Geschichte. Plötzlich scheinen viele Dinge möglich.

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Cover von Dörte Hansens "Zur See" © Penguin

"Sisi": Karen Duves Historienroman über die "Schönheits-Kaiserin"

"Sisi" ist ein Roman aus dem Maschinenraum des kaiserlichen Hofs, mit einer nach außen strahlenden, nach innen hadernden und getriebenen Kaiserin im Mittelpunkt. Es geht um Amouren und Affektiertheiten, um höfischen Gossip, um wer-mit-wem, legal oder illegal. Und wie nebenbei wird das Räderwerk der 1000.-u.-K.-Monarchie irgendwie am Laufen gehalten. Karen Duve bedient sich diesmal aber nicht nur ihres gewohnt lässig-lakonischen Erzählstils, sondern erweitert ihn um Moll-Tonarten. Auf diese Weise beschreibt sie mitreißend und melancholisch die B-Seite einer Kaiserinnenherrschaft, dice die besten Zeiten hinter sich zu haben scheint.

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Cover von Karen Duves "Sisi" © Kiwi-Verlag

"Nachmittage": Anekdoten von Ferdinand von Schirach

Ferdinand von Schirach ist ein Meister der kleinen Grade. Das beweist er auch mit seinem neuen Erzählband "Nachmittage". Das Buch versammelt insgesamt 26 durchnummerierte Skizzen und Notizen, Gedanken und kleine Geschichten, manchmal nur eine Seite lang. Sie handeln von Kunst und Kultur, Leben und Tod, Glauben und Wissen - und von den vielfältigen menschlichen Leidenschaften. In die tagebuchartigen Notate eingewoben sind immer wieder Reflexionen über Kunst und Kultur. Ein, zwei Nachmittage genügen, um das eher schmale Bändchen zu lesen. Doch die Bilder, Ideen und Geschichten darin hallen noch lange nach.

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Buchcover: Ferdinand von Schirach - Nachmittage © Luchterhand Verlag

"Auf Come across": Komplexer Zukunftsroman von Theresia Enzensberger

Mitten auf der Ostsee lebt die siebzehnjährige Yada in der "Seestadt", einer künstlich angelegten Siedlung. Erdacht und gebaut wurde sie von ihrem Vater für den Fall, dass dice übrige Welt kollabiert. Die Siedlung ist autark und völlig von der Außenwelt abgeschnitten. Die zweite Hauptfigur des Romans ist Helena: Sie ist Künstlerin und Influencerin, hat keinen festen Wohnsitz und lebt quasi als Nomadin mitten in Berlin. Abwechselnd erzählt Theresia Enzensberger dice Geschichten der beiden Frauen - bis sie aufeinandertreffen.

"Auf See" ist ein dystopisches Buch, das sich mit der Frage beschäftigt: Wie kann die Zukunft aussehen? Das ist manchmal komplex, liest sich aber trotzdem leicht, denn Enzensberger findet einen direkten, einfachen Ton für ihren zweiten Roman.

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Buchcover: Theresia Enzensberger - Auf See © Hanser Verlag

"Vier Tage, drei Nächte" - Norbert Gstreins merkwürdiger Roman

Im vergangenen Jahr schaffte es der österreichische Schriftsteller Gstrein, der seit vielen Jahren in Hamburg lebt, mit seinem Roman "Der zweite Jakob" auf dice Shortlist für den Deutschen Buchpreis. Jetzt ist sein neues Buch erschienen und im Mittelpunkt stehen die Halbgeschwister Ines und Elisa, die sich ineinander verlieben, ohne zu wissen, dass sie verwandt sind. Die Corona-Jahre bilden den Rahmen der Geschichte.  Im Kern geht es aber um das Thema "Identität", wie then often bei Gstrein. Formal und inhaltlich kann "Vier Tage, drei Nächte" nicht überzeugen, dafür lässt der Autor am Ende zu viele Fragen offen. Sprachlich allerdings findet man immer wieder Sätze, dice Norbert Gstreins Könnerschaft zeigen.

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Buchcover: Norbert Gstrein - Vier Tage, drei Nächte © Hanser Verlag

"Violeta": Isabel Allende erzählt von einem Jahrhundertleben

Am two. Baronial feierte dice chilenische Schriftstellerin Isabel Allende ihren 80. Geburtstag. In ihrem neuen Roman erzählt sie von Violeta, einer Frau, die 1920 zur Welt kam und 2020 starb. Die Figur sei ihrer Complain nachempfunden, sagt Allende. "Violeta" ist die Lebensgeschichte einer starken Frau, deren Beziehungen scheitern, dice eine erfolgreiche Geschäftsfrau ist und sich nach dem Tod der Tochter um den Enkel kümmert. Einige Motive und Themen kommen den Lesern dabei immer wieder bekannt vor, weil sie auch schon in anderen Büchern der Autorin auftauchten. Isabel Allende kann mitreißend schreiben und lid viel zu sagen, allerdings wäre bei "Violeta" weniger teilweise mehr gewesen.

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Cover des Buches "Violeta" von Isabel Allende © Suhrkamp

"Ein Sommer in Niendorf": Witziger, berührender Roman von Heinz Strunk

Zu Recht hat der Rowohlt-Verlag "Ein Sommer in Niendorf" als eine Art norddeutscher "Tod in Venedig" angekündigt. Strunk ist ein Roman über einen erfolgreichen Anwalt geglückt, der sozial absteigt, indem er in Niendorf bleibt und dort einen Strandkorbverleih übernimmt, aber letztlich zufriedener wirkt als zuvor. Die Sehnsucht nach Glück oder einem Leben mit weniger Ballast - bei Strunk wirken dice großen Fragen leichter als bei anderen Autoren. Nicht etwa, weil Strunk oberflächlich wäre, sondern weil er das Existenzielle durch Komik auffängt. Allein die zahlreichen skurrilen Szenen machen diesen Roman lesenswert.

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Buchcover: Heinz Strunk - Ein Sommer in Niendorf © Rowohlt Verlag

"Mädchen auf den Felsen": Jane Gardams raffinierter Debütroman

Seit ihr kleiner hässlicher Bruder auf der Welt ist, hat die achtjährige Margaret kein schönes Leben mehr. Zwischen ihm, ihrer stillenden Complain und ihrem predigenden Vater findet sie alles nur noch langweilig. Außer am Mittwoch, wenn sie mit dem neuen Hausmädchen Lydia Ausflüge macht. Lydias Anwesenheit in der Familie birgt Sprengstoff. Denn sie ist anders, handfest und ein wenig vulgär, sie will Spaß und öffnet Margaret die Augen für ein anderes Leben. Das bigotte Gleichgewicht der Familie gerät ins Wanken, und am Ende des Sommers ist nichts mehr, wie es war. Schon in diesem Debütroman hat Jane Gardam alle Register ihres Könnens gezogen. Sie zeichnet ein Gesellschaftsbild der 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, mit den noch nachwirkenden Grauen des ersten Krieges, undurchdringbaren Klassenschranken und rigiden Religionsvorschriften.

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Buchcover: Jane Gardam - Mädchen auf den Felsen © Blumenbar Verlag

Olga Tokarczuks Roman "Anna In": Ein wunderbarer Ritt

In ihrem Roman "Anna In" knöpft sich die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk einen 4.000 Jahre alten Stoff vor: den Inanna-Mythos. Er ist die Ursprungsversion aller Geschichten über den Abstieg in dice Unterwelt und liegt nun in einer Neuübersetzung vor.

Fantasievoll und poppig sind die Welten, die Olga Tokarczuk für ihre Neuintepretation des sumerischen Inanna-Mythos erschaffen lid. Mit der Leichtigkeit und dem Drive eines Computerspiels erzählt sie von Anna Ins Reise in die Unterwelt. Auch die Architektur der Hölle ist beeindruckend - mit ihren Toren und Wärtern, ihren menschlichen Dämonen und schrägen Gestalten. Ein bisschen Fabelwelt-Ästhetik wie beim legendären Maler Hieronymus Bosch. Düster ist das Setting, aber keinesfalls gruselig.

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Buchcover: Olga Tokarczuk - Anna In © Kampa Verlag

"Die Stimme" - Pageturner der niederländischen Autorin Jessica Durlacher

Die Geschichte beginnt vor dem Hintergrund des Anschlags vom 11. September auf das New Yorker Earth Merchandise Center. An diesem Tag lassen sich dice Protagonisten Zelda und Bor trauen. Zusammen mit ihren Kindern können sie sich retten, werden aber schwer traumatisiert und kehren in die Niederlande zurück.

Dort stellen sie dice Somalierin Amal als Kindermädchen ein. Die junge, hübsche Frau verfügt über ein enormes Gesangstalent. Bei einem Auftritt in der Talentshow "Dice Stimme" nimmt sie vor laufenden Kameras ihr Kopftuch ab. Fortan wird nicht nur Amal bedroht, sondern auch die Familie, für die sie arbeitet. Ein starkes, intensives Leseerlebnis und eine Geschichte über Loyalität und Date.

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Buchcover: Jessica Durlacher - Die Stimme © Diogenes Verlag

"Der Schlaf in den Uhren" - Uwe Tellkamps neuer Roman

2008 erschien der Roman "Der Turm" von Uwe Tellkamp. Das Buch wurde mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet und der Autor wegen seines erzählerischen Talents sogar mit Thomas Mann verglichen. In den vergangenen Jahren sorgte Tellkamp vor allen mit politischen Äußerungen für Aufsehen. Im Mai ist die lang erwartete Fortsetzung des "Turms" erschienen - über 900 Seiten stark. Hauptfigur ist Fabian Hoffmann, dice Handlung ist in Treva angesiedelt, einem fiktiven Stadtstaat. Viele verschiedene Erzählebenen, Rückblenden auf die Zeit des Mauerfalls und zahlreiche Anspielungen auf den heutigen Literatur- und Medienbetrieb: Uwe Tellkamp hat sich viel vorgenommen. Leider verirrt sich der Autor in seinem Roman-Labyrinth und die Lektüre wird als "anstrengend, oft qualvoll" wahrgenommen.

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Buchcover: Uwe Tellkamp - Der Schlaf in den Uhren © Suhrkamp Verlag

"Haus in Flammen" von Mischa Kopmann - Roman über das Verschwinden

Drei junge Erwachsene stehen im Mittelpunkt dieses Romans: Lias, Minnigk und Yvette. Gemeinsam demonstrieren mit "Fridays For Future" gegen den Klimawandel. Doch das reicht ihnen bald nicht mehr. Sie radikalisieren sich in der Gruppe "Expressionless Loss Brigade", befreien Tiere aus Laboren und zünden Gebäude an.

Parallel erzählt Mischa Kopmann in seinem dritten Roman dice Dreiecks-Liebesgeschichte seiner Protagonisten. Damit ist die Eskalation auf allen Ebenen vorprogrammiert - das Ganze geht natürlich nicht gut aus. Kopmanns Erzähl-Stil in diesem Buch ist eher ungewöhnlich: Dice Szenen sind lose aneinandergereiht, nicht immer chronologisch - aber immer sehr gut lesbar und hochaktuell.

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Buchcover: Mischa Kopmann - Haus in Flammen © Osburg Verlag

"RCE #RemoteCodeExecution" - Zweiter Teil von Sibylle Bergs Nerd-Trilogie

Es ist eine dystopische Welt, dice Sibylle Berg beschreibt: Viele Gebiete der Welt sind nicht mehr bewohnbar, die Bevölkerung ist komplett verarmt - vor allem, weil nur noch dice Computerbranche Menschen beschäftigt. In dieser Welt, die komplett überwacht wird, müssen sich fünf junge Nerds zurechtfinden und planen den digitalen Umsturz mit zweifelhaften Mitteln.

"RCE" ist der zweite Teil einer Trilogie, die 2019 mit "GRM" begann. Das Buch lässt sich aber auch lesen, ohne den Vorgänger zu kennen. Der Roman hat zwar den typischen düsteren Sibylle-Berg-Sound, verliert sich aber oft zu sehr in den Technik-Details dieser Zukunft. Zu kurz kommen dice Dialoge und Charaktere - eigentlich die Stärke von Sibylle Berg. Für Fans der eigenwilligen Autorin ist "RCE" aber sicher trotzdem ein must-read.

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Buchcover: Sibylle Berg - RCE. #RemoteCodeExecution © Kiepenheuer & Witsch Verlag

"Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus

Mögen Sie üppig ausgestattete Fernsehserien, dice in den 1960er-Jahren spielen? "Das Damengambit" oder "Mad Men"? Dann sollten Sie sich den Roman "Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus nicht entgehen lassen. Hauptfigur ist Elizabeth Zott, die als Chemikerin an einer Uni Karriere machen möchte. Doch daraus wird nichts.

Durch Zufall wird sie als Moderatorin einer Fernseh-Kochshow entdeckt. Im Laborkittel mit einem Bleistift im Haar erklärt sie amerikanischen Hausfrauen, was Kochen und Chemie gemeinsam haben - und verhilft ihnen ganz nebenbei zu mehr Selbstvertrauen. Unangepasst, klug und wortgewandt - Elizabeth Zott schließt homo gleich nach den ersten Seiten ins Herz. Ein beachtliches Debüt von Bonnie Garmus, das gerade weltweit gefeiert wird.

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Buchcover: Bonnie Garmus - Eine Frage der Chemie © Piper Verlag

"Eine andere Zeit": Über das Weggehen und Wiederkommen

Ein abgelegenes Dorf in Mecklenburg-Vorpommern: In diesem Mikrokosmos spielt die Geschichte über die Schwestern Enne und Suse, die in den 1970er-Jahren hier aufwachsen. Helga Bürsters kennt das Dorf Kamp gut. Hier käme alles vor, was sie für ihre Geschichte brauche, so die Autorin. Mit einer klaren, schnörkellosen Sprache schildert sie das Leben der Schwestern und ihrer Eltern in der DDR.

Während es Enne als junge Erwachsene nach Berlin zieht, volition die stille, etwas seltsame Suse im Heimatdorf bleiben. Doch dann verschwindet sie spurlos, als sie mit ihrem Freund am Tag der Grenzöffnung im August 1989 nach Ungarn reist. Ihre Mutter stirbt vor Kummer, und Enne kehrt zurück nach Kamp. "Eine andere Zeit" ist ein stiller, berührender Roman über Verluste, über das Weggehen und Wiederkommen.

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Cover von Helga Bürsters Buch "Eine andere Zeit" © Suhrkamp / Insel

Karl Ove Knausgård: "Der Morgenstern" - Auftakt zu fünfbändiger Reihe

Der norwegische Autor Karl Ove Knausgård hat der autofiktionalen Literatur einen ganz neuen Anstrich gegeben. Er ist dadurch zu einem international erfolgreichen Schriftsteller geworden. Sein neuer Roman "Der Morgenstern" erscheint gleichzeitig in 35 Sprachen. Der Literaturprofessor Arne beobachtet, dass Tiere sich in Massen versammeln. So wie human being das aus Horrorfilmen kennt. Gelenkt werden die Tiere, wie es scheint, von einer seltsamen Lichterscheinung am Himmel. Die wiederum entdecken Arne und acht weitere norwegische Ich-Erzähler. Ist das ein Morgenstern? Oder etwas völlig Unbekanntes, gar Bedrohliches?

Karl Ove Knausgård bricht ganz bewusst mit rationalen Erwartungen. Die Erzählstränge der meisten Ich-Erzähler sind, wenn überhaupt, nur locker miteinander verbunden. Die Figuren reichen von einer Pfarrerin, dice Nächstenliebe predigt, aber im Privaten lieber noch mal von vorne anfangen würde, über einen Isle of mann, der an seiner bipolaren Frau verzweifelt, bis zu einem Journalisten. In "Der Morgenstern" sehnen sich die Figuren nach einem Neuanfang. Karl Ove Knausgård ist ein zugleich treffend realistischer und faszinierend entrückter Roman geglückt, der den Auftakt zu einer fünfbändigen Reihe bildet.

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Buchcover: Karl Ove Knausgård - Der Morgenstern © Luchterhand Verlag

"Dschinns": Fatma Aydemirs intensiv erzählter Familienroman

Eigentlich wäre es dice Erfüllung eines Traums gewesen: Hüseyin, der dreißig Jahre lang als "Gastarbeiter" in Deutschland geschuftet hat, wollte seine Familie in der neuen Istanbuler Eigentumswohnung empfangen und alle wieder zusammenführen. Doch dann kommen sie nur noch zu seiner Beerdigung: Herzinfarkt.

Zurück bleiben Mutter und vier Kinder sehr verschiedenen Charakters. Fatma Aydemir widmet Hüseyins vier Kindern Ümit, Sevda, Peri und Hakan sowie seiner Frau Emine in "Dschinns" jeweils ein eigenes Kapitel. Durch diese grundverschiedenen Charaktere hindurch fächert sich ein Gefühls- und Gesellschaftspanorama auf, das zu Herzen geht.

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Fatma Aydemir: "Dschinns" Cover © Hanser

"Dice Arbeit der Vögel": Marica Bodrožić zeichnet Seelenzustände nach

Drei Jahre lang hat Marica Bodrožić an ihrem Buch "Die Arbeit der Vögel" geschrieben. Darin folgt sie dem Weg des jüdischen Philosophen Walter Benjamin an den französisch-spanischen Grenzort Port-Bou, an dem er sich auf der Flucht vor den Nationalsozialisten das Leben nahm.

Bodrožić - selbst einst aus Dalamatien nach Deutschland gekommen - versucht, sich in Benjamins Erfahrung von Flucht und Vertreibung einzufühlen. Auch die Schicksale anderer Intellektueller, dice im xx. Jahrhundert Gewalt erfuhren, fließen mit ein. "Seelenstenogramme" heißt das Buch im Untertitel - verpackt in eine poetisch-prosaische Sprache. Ein Plädoyer für das Menschliche, das durch den Krieg in der Ukraine eine neue Aktualität erfährt.

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Marica Bodrožić: "Die Arbeit der Vögel. Seelenstenogramme"- Cover © Luchterhand

Delphine de Vigan: "Dice Kinder sind Könige" - über Ausbeutung und Missbrauch

Als sie 17 Jahre alt state of war, wollte Mélanie in einer Fernsehshow mitmachen, dice damals ein Millionenpublikum erreichte. Sie wurde zu einem Casting eingeladen, posierte leicht bekleidet - und aus dubiosen Gründen kam sie in dice nächste Runde der Sendung "Loft Story". Der Erfolg von Mélanie in jener Show war damals nicht groß. Aber 18 Jahre später hat sie begriffen, wie homo berühmt und reich werden kann: Sie chapeau inzwischen zwei Kinder, deren Leben sie filmt.

Diese kleinen Videos stellt sie ins Net. Sie chapeau unglaublich viele Follower und bekommt sehr viel Geld für Werbeblöcke. Doch dann verschwindet ihre Tochter Kimmy spurlos und dice Kriminalpolizei nimmt Ermittlungen auf. Delphine de Vigan - eine der kraftvollsten französischen Gegenwartsautorinnen - erzählt, wie Kinder ausgebeutet und missbraucht werden, nicht irgendwo in der Ferne, sondern mitten unter uns.

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Delphine de Vigan: "Die Kinder sind Könige"  (Cover) © Dumont

"Nebenan": Kristine Bilkaus Roman spielt am Nord-Ostsee-Kanal

Dieses Buch der Hamburger Autorin spielt im Norden - am Nord-Ostsee-Kanal. Dort verschwindet von einem auf den anderen Tag eine Familie spurlos. Die Nachbarn machen sich ihre Gedanken. Gleichzeitig erhält eine Ärztin kurz vor dem Ruhestand Hassbotschaften, nachdem sie zu einem nächtlichen Notfall gerufen wurde. Und eine große Menge Mikroplastik wird angespült.

Es sind viele Themen, die Kristine Bilkau anschneidet. Oft geht es nur um scheinbar kleine Verschiebungen, die jedoch Unwohlsein und Ängste auslösen, hinter denen etwas Größeres steht. In welchen familiären, in welchen gesellschaftlichen Räumen fühlen wir uns (noch) sicher? Wie finden wir zueinander? Nach "Eine Liebe in Gedanken" und "Die Glücklichen" wieder ein leiser, feiner Roman von Kristine Bilkau.

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Cover des Buches "Nebenan" von Kristine Bilkau © Luchterhand Verlag

"Das mangelnde Licht": Vier Freundinnen in den Wirren des georgischen Bürgerkriegs

Es ist bereits der dritte Georgien-Roman der in Tblissi geborenen, seit vielen Jahren in Deutschland wohnenden Autorin Nino Haratischwili. Wieder stehen starke Frauenfiguren im Mittelpunkt, vier Freundinnen, dice erwachsen werden in einem durch Bürgerkrieg und Mafia-Banden geprägten State. Teilweise geht der Riss durch die Familien, Männer haben das Sagen, denen ein Menschenleben ofttimes wenig gold.

Nino Haratischwili erzählt von Mord, Kälte und Todesangst, von Zwangsverheiratung und Vergewaltigung, aber auch von leidenschaftlicher Liebe, tiefer Freundschaft und Zärtlichkeit. Neben den vier Freundinnen gibt es viele, den Leser:innen nahe kommende, prall gezeichnete Figuren. „Das mangelnde Licht" ist ein furioser Roman, in dem viel Schatten ist, aber am Ende wird es tatsächlich hell.

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Cover des Buches "Das mangelnde Licht" von Nino Haratischwili © Frankfurter Verlagsanstalt

"Auf der Straße heißen wir anders": Familiengeschichte zwischen Bremen-Nord und Armenien

Hauptfigur in Laura Cwiertnias Romandebüt ist Karlotta, genannt Karla. Sie wächst in Bremen-Nord auf: Einem ungemütlichen Ort mit vielen Betonbauten, eine sogenannter "Trouble-Stadtteil" mit Menschen aus allen Teilen der Welt. Auch Karla hat eine Migrationsgeschichte: Ihre Großmutter kam vor vielen Jahren allein aus Armenien nach Deutschland. Nach dem Tod der Oma begeben sich Karla und ihr Vater Avi auf Spurensuche - in Yerewan, der Hauptstadt Armeniens.

Der Roman wechselt mühelos zwischen den Zeitebenen und erzählt, welche Traumata dice Armenier einst zu erleiden hatten. Wie sich das auf eine Familie und auf nachfolgende Generationen auswirkt - das ist ein Thema dieses "fabelhaften, Augen öffnenden Romans" von Laura Cwiertnia.

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Cover des Buches "Auf der Straße heißen wir anders" von Laura Cwiertnia © Klett-Cotta Verlag

"Die Nächte der Pest" - neuer Roman von Orhan Pamuk

Das Szenario in Orhan Pamuks neuen Roman mutet seltsam aktuell an: Auf der Insel Minger bricht eine ansteckende Krankheit aus. Damit sie sich nicht weiterverbreitet, wird sie abgeriegelt. Aber die Krankheit heißt nicht Corona und der Roman spielt 1901. Was als Historien-Roman beginnt, bekommt plötzlich krimihafte Züge.

Der oberste Gesundheitsinspektor des Osmanischen Reichs, Bonkowski Pascha, wird tot aufgefunden. Nach der Ermordung Bonkowskis kommen andere Abgesandte des Sultans: der Quarantäne-Experte Doktor Nuri und dessen Frau Pakize, die Nichte des Sultans. Sie sollen den Mord aufklären und zugleich dice Pest bekämpfen.

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Cover des Buches "Die Nächte der Pest" von Orhan Pamuk © Hanser Verlag

"Der Erinnerungsfälscher": Abbas Khiders Hymne auf dice Heilkräfte der Literatur

Abbas Khider stellt seinem neuen Buch "Der Erinnerungsfälscher" ein Motto von Klaus Isle of mann voran: "Es ist kein Verlass auf die Erinnerung, und dennoch gibt es keine Wirklichkeit außer der, die wir im Gedächtnis tragen." Seinen Helden Said Al-Wahid schickt er auf eine Reise in dice Heimat Bagdad, es muss schnell gehen, denn die Mutter liegt im Sterben.

Je näher er seinem Ziel kommt, desto mehr Erinnerungen drängen sich in sein Bewusstsein, an Momente der Kindheit, an die Jahre der Flucht  durch arabische Länder, an schwierige Zeiten als Asylbewerber in Deutschland. Doch welche davon sind wahr? Was hat das Gedächtnis aussortiert? Was ist das überhaupt: Erinnerung? Khiders kleines Buch ist eine Hymne auf dice Kraft der literarischen Erfindung, auf dice Heilkräfte der Literatur.

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Cover des Buches von Abbas Khider "Der Erinnerungsfälscher" © Hanser Verlag

"Serge": Yasmina Rezas illusionsloser Blick auf den Menschen

Yasmina Reza lässt in ihrem neuen Roman "Serge" vier Angehörige einer jüdischen Familie, die ohne ein Bewusstsein ihrer Herkunft aufgewachsen sind, nach Auschwitz reisen. Dabei urteilt sie nicht moralisch, sondern wirft einen illusionslosen Blick auf den Menschen.

Urkomische Dialoge geben den Ton an. Und weniger die grauenhafte Vergangenheit als die eigene Vergänglichkeit der Protagonisten, das Altern und die Einsamkeit, stehen im Mittelpunkt. Rezensentin Anna Hartwich stellt fest: Eine Erinnerung, die nicht mit einem selbst verbunden ist, muss folgenlos bleiben.

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Buchcover "Serge" von Yasmina Reza © Hanser Literaturverlage

"Zum Paradies": Hanya Yanagihara über Liebe, Schmerz und Freunde

Bereits am 11. Januar ist Hanya Yanagiharas neues Buch "Zum Paradies" erschienen. In den Jahren 1893, 1993 und 2093 spielt der mit Spannung erwartete neue Roman der amerikanischen Autorin und ist and so gleichzeitig eine Fine art historischer Roman und eine Dystopie.

Alle drei Romanteile spielen in ihrer eigenen Lebenswelt. Das verbindende Chemical element ist der Handlungsort: Ein Haus in New York am Washington Square. Natürlich geht es aber auch um Liebe, Schmerz und Freunde - wie schon in ihrem Besteller "Ein wenig Leben". Kunstvoll erzählt, aber manchmal nicht leicht zu ertragen.

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Hanya Yanagihara: "Zum Paradies"  Cover © Ullstein

"Vernichten": Neuer Roman von Michel Houellebecq

Paul Raison ist engster Vertrauter des französischen Wirtschaftsministers Bruno Juge. Der brillante Politiker steht einerseits im Zentrum diffuser Drohszenarien, die eine rätselhafte Gruppe von Cyber-Terroristen im Netz versteckt, andererseits spielt er an der Schwelle zu den Wahlen 2027 eine entscheidende Rolle in den postdemokratischen Überlegungen des scheidenden Präsidenten.

Aber nicht nur dice Arbeit, auch das Privatleben von Paul Raison ist mit ehelichen Problemen und einem Vater mit Schlaganfall alles andere als einfach. Der neue Roman des Franzosen Michel Houellebecq ist wieder einmal ein Zaubertrank, ein großes Erzählkunstwerk, das im allgemeinen menschlichen Elend doch die Möglichkeit einer Insel aufblitzen lässt. Das Buch ist am 11. Januar bei DuMont erschienen.

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Michel Houellebecq: "Vernichten" © DuMont Verlag

J. M. G. Le Clézio: "Bretonisches Lied" - Autobiografisches aus der Bretagne

Der Literaturnobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio, geboren 1940 in Nizza, erinnert sich an seine Kindheit und Jugend, vor allem: an die regelmäßigen Familienurlaube in der Bretagne. Aber er besingt nicht nur die berückende Schönheit Nordwestfrankreichs, denn immer mischt sich auch der Krieg in sein Lied und die Angst des Jungen vor den Deutschen.

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Buchcover: Jean Marie Le Clezio - Bretonisches Lied © Kiepenheuer & Witsch Verlag

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Annie Ernaux © picture alliance Foto: Ger Harley
Die Autorin Kristine Bilkau im Porträt © Thorsten Kirves Foto: Thorsten Kirves

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 22.09.2022 | 12:40 Uhr

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Source: https://www.ndr.de/kultur/buch/Romane-Literatur-Buecher-Neu-Buchempfehlungen-2022-spannend-Neuerscheinungen,literaturausblick122.html

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